Ton ist tot. Er starb am 28. Februar in seinem Haus in Schmarsau im Wendland, in dem er in den letzten Jahren zurückgezogen mit seiner Frau Marianne gelebt hatte. Alt ist er geworden – trotz so mancher Anschläge auf seine Gesundheit, die er in den letzten Jahrzehnten zu bewältigen hatte.
In einem Zeitraum von sechs Jahrzehnten verfasste er mehrere umfassende Bücher, in denen es um die Bibel, um Ökonomie und Politik ging – und daneben eine große Zahl von Aufsätzen. Manche davon sind in „Texte und Kontexte“ erschienen, andere im Argumentverlag oder an noch anderen Publikationsorten. Bis fast zuletzt war seine literarische Produktivität ungebrochen.
1978 hatte Ton zusammen mit Till Willsdorf, Jaap van Zwieten de Blom (beide schon vor ihm verstorben) und Magdalena Winchenbach die Zeitschrift „Texte und Kontexte“ gegründet. Bis 1995 hatte er die Schriftleitung inne, und auch danach blieb er der Zeitschrift eng verbunden – nicht nur als einer ihrer wichtigsten Autoren, sondern auch durch seinen Rat und seine Anregungen. Die Redaktion von „Texte und Kontexte“ verdankt ihm unermesslich viel, und unermesslich viel verdankt ihm wohl auch die große Zahl derer, die er im Lauf der Zeit durch Texte, Vorträge und Lehrhäuser als Jüngerschar um sich gesammelt hat.
Ton war ein Universalgelehrter. Er kannte sich in den alten Sprachen aus – im Lateinischen, im Griechischen und im Hebräischen – und hatte sich auf dieser Basis über die Jahre hin mit beeindruckender Gründlichkeit in die Texte der jüdischen Bibel und in die messianischen Schriften (herkömmlich: in die Bibel Alten und Neuen Testaments) eingearbeitet. Um genau zu hören, was der Text sagen will, ging er bei seinen Exegesen immer wieder in die sprachlichen Details hinein, oft griff er zur Konkordanz: Wie ist der Text im Ganzen der Schrift verankert? Ebenso gründlich wandte er sich dem historischen, politischen und sozialen Kontext des jeweiligen Textes zu. Dank seiner profunde Ausbildung bei den Jesuiten war er zuhause in Ökonomie, Geschichte und Philosophie. All das ließ er in seine Auslegungen einfließen, um den biblischen Text in unserer heutigen Situation neu zur Weisung werden zu lassen.
Neben all seiner Gelehrsamkeit verfügte Ton über die Gabe, schwierige Sachverhalte so darzulegen, dass der Kern der Sache voll zur Geltung kam und dass die Auslegung gleichzeitig allgemein verständlich war. Seine Sprache war oft prägnant, aber immer einfach und klar.
So wurde er Lehrer für viele, die Theologie studierten oder studiert hatten oder einfach nur aus Interesse mit dabei waren – ob sie nun fromm waren und in der Kirche zuhause oder ob sie an „nix“ glaubten. Denn sie alle wollten wissen, was in diesem dicken Buch steht und worum es hier geht, und bei Ton fanden sie eine Zugangsweise, die es so sonst nirgendwo gab.
Ton hat uns die große Erzählung der Bibel immer wieder aufs Neue in ihrem gesellschaftlichen und politischen Zusammenhang ausgelegt. Er hat ihr wegweisendes wie ihr widerständiges Potential zur Geltung gebracht und uns alle gelehrt, diesen Text als eine Kostbarkeit wahrzunehmen. Für all das sind wir ihm bleibend dankbar!
Unser Mitgefühl ist mit seiner Frau Marianne, seiner Tochter Elisabeth sowie deren Mann Andreas und den Enkeln Julian und Janik.
Für die Redaktion Anke Wolff-Steger
Am 8. März 2022 wurde Ton Veerkamp in Lüchow-Bockleben beerdigt. Die Traueransprache, hielt Ulrike Hoffmann, Pfarrerin i. R. aus Oldenburg.